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Interview von Bodo Monschau mit Jan Knobel

Jan Knobel ( 8. Dan Shotokan Karate, WKF ) ist Präsident der Welt Japan Karate Allianz und Chief Instructor der JKA Niederlande.

Bodo Monschau:
Seit Jahrzehnten betreibst Du bereits Karate. Was war diesbezüglich Deine Motivation und wann fing für Dich alles an?

Jan Knobel:
Im September 1973 habe ich mit dem Karate begonnen. Diese Kampfkunst wollte ich schon im Alter von 16 Jahren lernen, motiviert durch die damals aufkommenden Kungfu-Filme mit Bruce Lee. Nach meinem ersten Training unter der Leitung des 1993 verstorbenen Satoshi Miyazaki sagte ich mir, dass Karate wohl mein Hobby wird, doch es wurde mehr.
Es entwickelte sich sehr schnell zu meinem Lebensinhalt. Nach 10 Jahren, ich war gerade 23 Jahre alt, habe ich mein eigenes Dojo in Vlissingen, Niederlande, eröffnet.

Bodo Monschau:
Wie entwickelte sich Dein Karate-Studium in den folgenden Jahren?

Jan Knobel:
Mit dem bereits erwähnten Sensei Miyataki nahm mein Karate-Weg seinen Anfang und schon bald bin ich dem 2004verstorbenen Kase Sensei begegnet. Den größten Einfluss, der letzlich mein Karate auch völlig veränderte, erfolgte jedoch durch Asai Sensei. Zusammen mit Kosaku Yokota versuchen wir heute sein außergewöhnliches Karate populär zu machen und damit zu erhalten. Dies' nicht zuletzt auch deshalb, weil es nach dem Tod von Asai Sensei oftmals hieß, dass wir seinen Stil nicht mehr praktizieren können. Längst habe ich aber die Einsicht gewonnen, dass der Asai-Stil erhalten werden muss. Seine Methode ist einfach für jedes Alter sehr gut zu erlernen. Und so ist es unerheblich, dass nicht alles mehr so läuft, als wäre man erst 20 oder 30 Jahre alt. Karate in der Interpretation von Asai Sensei dient vorrangig dazu auch im fortgeschrittenen Alter flexibel zu bleiben. Ja, diese Möglichkeit hat mich letztlich so jasziniert am Weg von Asai Sensei. Das war für mich eine ganz besondere Erfahrung in meinem bisherigen Karate-Leben.

Bodo Monschau:
Wo hast Du Asai Sensei kennengelernt?

Jan Knobel:
Ich bin Asai Sensei erstmals in Dubai begegnet. Das war zur Zeit des 2. Golfkrieges 1990/91, als mich eine Einladung erreichte, um in der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate an der 1. Weltmeisterschaft der Asai-Fraktion teilzunehmen. In Dubai habe ich sofort die Chance ergriffen mit der Unterstützung von Asai Sensei die JKA Niederlande zu gründen. Wir haben lange miteinander über dieses Vorhaben geredet und nach meiner Rückkehr aus Dubai mit Asai Sensei mehrere diesbezügliche Briefe ausgetauscht. Doch dann geschah etwas, das alles sehr forcierte.
Mein Vater, ein ehemaliger Fußballtrainer von Ajax Amsterdam und der niederländischen Nationalmannschaft, musste beruflich nach Hongkong. Er machte einen Umweg über die japanische Hauptstadt Tokyo, besuchte Asai Sensei und sprach mit ihm über die geplante Organisationsgründung. Letztlich erhielt ich von Asai Sensei die Zustimmung zum Aufbau der JKA Niederlande. Von diesem Moment an war ich Mitglied der Asai-Fraktion. Das was 1992.

Bodo Monschau:
Hast Du auch Wettkampferfahrungen sammeln können ?

Jan Knobel:
Ja, mein erster internationaler Wettkampf war 1980 in Bremen und zugleich die erste Weltmeisterschaft der damaligen International Amateur Karate Federation ( IAKF ), an der ich teilnehmen durfte. In jener Zeit gab es für uns in den Niederlanden noch nicht so viele Wettbewerbe. Es waren nur ein oder zwei pro Jahr, national als auch international. Letztlich war ich 1983 Niederländischer Meister in der Disziplin Kata Einzel und Team, wurde 1996 in Griechenland erstmals JKA-Weltmeister in Kata Einzel, 1997 in Roosendahl, Niederlande, JKA-Europameister in Kata Einzel, 2006 in Erbeek, Niederlande, Europameister der Welt Japan Karate Allianz ( WJKA ) in Kata Einzel und 2007 in Vlissingen, Niederlande, WJKA-Weltmeister in der Disziplin Kata. Es waren meine größten Erfolge in der Karate-Fraktion meines 2006 verstorbenen Lehrers Tetsuhika Asai.

Bodo Monschau:
Was ist Deine bevorzugte Kata ?

Jan Knobel:
Meine Lieblings-Kata ist die Unsu, doch auch die Nijushi-ho mochte ich sehr gerne. Insgesamt kenne ich 60 Kata.

Bodo Monschau:
60 Kata, aber diese stammen folglich nicht alle aus dem Shotokan.

Jan Knobel:
Nein, neben den allgemein bekannten 26 Shotokan-Kata kannte Asai Sensei mehr als 100 weitere Sequenzen, die er auch intensiv studierte und zum Teil für seine Lehrmethode übernahm. Eine von diesen Sequenzen heißt "Hyakuhachi-ho" und umfasst 108 Bewegungen. Sie hat in ihrem Ursprungsstil zwar einen anderen Namen ( siehe Fußnote ), wurde jedoch von Asai Sensei den Kata-Prinzipien des Shotokan angepasst. Diese Praxis blieb natürlich nicht ohne Widerspruch. Manche Traditionalisten sind der Ansicht, dass die von ihm ausgewählten Kata schlicht gestohlen sind. Asai Sensei erinnerte in diesem Zusammenhang jedoch daran, dass zum Beispiel die Shotokan-Kata Kanku-dai ursprünglich Kushanku genannt wurde und wie fast alle anderen Shotokan-Kata auch chinesischen Ursprungs ist.
Und auch die aus der Kushanku entwickelten Pinan-Kata, welche wir heute als Heian kennen, wurden von Gichin Funakoshi zur Bereicherung des Shotokan aus dem Shito-Ryu Karate entlehnt. Asai Sensei hat folglich nichts anders gemacht als einst die alten Meister von Okinawa.

Bodo Monschau:
Verbleiben wir noch etwas beim Wettkampf. Was ist Deine Meinung zum Sport-Karate?

Jan Knobel:
Unsere Generation hat Karate noch als Selbstverteidigung und Kampfkunst erlernt. Heutzutage aber ist Karate augenscheinlich nur noch ein Sport. Die Akteure springen ein wenig und machen ein oder zwei Techniken für einen Punkt.
Die eigentliche Philosophie des Karate verblasst. Der Trend zum Sport-Karate wird anhalten. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass das traditionelle Karate nicht verdrängt oder sogar untergehen wird. Im Gegenteil. Immer mehr Leute wollen nach meiner Einschätzung zurück zum traditionellen Karate. Die europäischen Karate-Organisationen begrüßen diese Entwicklung und fördern deshalb auch die Welt Japan Karate Allianz-als traditionelle Schule des Shotokan-Karatedo.


Anmerkung: Die Kata heißt " Suparumpai " ( oder in der Übersetzung: " Einhundertacht Hände " ) und ist eine Bewegungsform des Okinawa Karate einer Vielzahl von simultanen Techniken. Die Suparumpai, chinesisch Yi-bailing-ba ( Ibarinpa ) und japanisch Hyakuhachi-ho, stammt ursprünglich aus dem chinesischen " Schlnagen-Stil" ( Choy-gar Kungfu ) und gelangte um 1990 nach Okinawa.

Bodo Monschau:
Wie interpretierst Du in diesem Zusammenhang die Spaltung der Japan Karate Association?

Jan Knobel:
Die JKA hat keinen geeigneten Nachfolger, obgleich Asai Sensei von dem 1987 verstorbenen Masatochi Nakayama für diesePosition vorgesehen war. Die JKA-Gruppe unter der Leitung von Nakahara Sensei hat diese Absicht aber nicht akzeptiert, so dass es zum Streit kam, der letztlich zum Niedergang der JKA führte. Und diese JKA war einst eine Elite-Organisation. Aber das ist jetzt Geschichte. Einige langjährige JKA-Mitglieder folgten dennoch Asai Sensei und sind deshalb im alten Verband nicht mehr willkommen. Folglich kann auch ich nicht mehr zurück. Diese Handlungsweise und Arroganz der JKA-Repräsentanten ist ihr Untergang. Unter der Führung von Nakayama Sensei hatte die JKA übrigens ca. eine Mio. Mitglieder, heute sind es vielleicht noch etwa 80.000.

Bodo Monschau:
Ist Dir bekannt, wie der JKA-Begründer Masatoshi Nakayama gestorben ist?

Jan Knobel:
Ich kannte Nakayama Sensei sehr gut. Mit ihm habe ich u.a. in Belgien trainiert. Er hatte einen Unfall, bei dem ein Stück Holz sehr dicht im Bereich seines Herzens in die Brust eingedrungen war und letztlich nicht operativ entfernt werden konnte. Erst Jahre später ist ihm diese Verletzung zum Verhängnis geworden. Nakayamas Tod resultiert aus den Spätfolgen eines Ski-Unfalls.

Bodo Monschau:
Folglich ist Nakayama Sensei nicht eines unnatürlichen Todes gestorben?

Jan Knobel:
So ein Unsinn. Ist das etwa die Story, in der Nakayama Sensei nicht auf Nishiyama Sensei hören wollte und ihn die Yakuza ermordet hat ? Dieser Mensch ist eines natürlichen Todes gestorben, und das infolge seines Unfalls. Ebenso wie es Asai Sensei nachgesagt wurde, soll auch Nakayama Sensei ein Alkoholiker gewesen sein. Kaum jemand hat aber gewusst, dass Asai Sensei ein Diabetiker und zudem einfach überarbeitet war. Sein Körper konnte irgendwann nicht mehr. Diese haltlosen Geschichten machen mich so böse. Ohnehin habe ich Asai Sensei niemals Alkohol trinken sehen. Den gleichen Unsinn hat man acuh von Nakayama Sensei behauptet.

Bodo Monschau:
Asai Sensei ist gegangen. Wer ist sein Nachfolger?

Jan Knobel:
Im Moment ist das Kagawa Sensei. Ob es ihm gelingt die Japan Karate Shotokai ( JKS ) zusammen zu halten, ist jedoch die Frage. Meiner Meinung nach ist Kagawa Sensei aber kein geeigneter Leiter, zumal er schlechte Berater hat. Kagawa Sensei braucht jemanden, von dem er geführt wird. Yokoto Sensei und ich sind uns einig, dass wir deshalb die JKS mit Hilfe der Welt Japan Karate Allianz unterstützen müssen. Das ist auch das Anliegen von Frau Asai. Ich denke, wir müssen das machen, nicht zuletzt um das Andenken von Asai Sensei zu bewahren. Seinen Stil, sein Karate und seine Philosophie. Frau Asai, eine Filmschauspielerin und sehr bekannt in Taiwan, dreht in diesem Zusammenhang einen biographischen Film über das Leben ihres verstorbenen Mannes. Dieser Film kommt 2009 heraus.


Zudem hat Frau Asai damit begonnen ein Buch über Asai Sensei zu schreiben.

Bodo Monschau:
Ich bedanke mich recht herzlich für das informative Gespräch.

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